Nachlese Veranstaltung der Johannes-Rebmann-Stiftung | |||
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Gerlinger Anzeiger vom 05. November 2007:
Vortrag von Dr. Stefan Rösler und Aita Koha am 05. November 2007
Gerlinger Spenden helfen bei der Dorfentwicklung in Kalali Knapp 100
Interessierte waren am 5. November in den Petrussaal gekommen, um sich
aus erster Hand aus Kalali berichten zu lassen. In ihrem zweiten
Vortrag über ihre Tansania-Reise Anfang dieses Jahres stellten Stefan
Rösler und Aita Koha die Region zwischen Arusha und Moshi im Norden
Tansanias vor: die Region, in welcher Johannes Rebmann aus Gerlingen
vor rund 160 Jahren als Missionar tätig war und dabei als erster
Weißer den schneebedeckten Gipfel des Kilimandscharo sah.
"Tansania
ist zwar rund zweieinhalb mal so groß wie Deutschland, hat aber mit
rund 40 Millionen Einwohnern nicht einmal die Hälfte unserer Bevölkerung.
Im Durchschnitt des Landes hat jede Frau viereinhalb Kinder, fast die Hälfte
der Bevölkerung ist unter 14 Jahre alt. Die durchschnittliche
Lebenserwartung liegt bei 47 Jahren. National- und Amtssprache ist
Suaheli, Geschäftssprache Englisch. Da es jedoch in Tansania über 100
verschiedene Volksstämme gibt, existiert daneben eine Vielzahl von
Stammes-Sprachen. So wird z.B. in Kalali am Fuß des Kilimandscharo
Dschagga gesprochen. Mit rund 50 % der Bevölkerung sind die Christen
die stärkste Religionsgemeinschaft im Land, daneben gibt es ca. 40 %
Muslime sowie 10 % sonstige Religionen, darunter auch Naturreligionen. Mit
unter 300 US-Dollar Jahres-Pro-Kopf-Einkommen ist Tansania eines der ärmsten
Länder der Erde. Nur rund 10 % der Bevölkerung sind ans öffentliche
Elektrizitätsnetz angeschlossen und dieses fällt regelmäßig aus.
Dennoch gilt das Land als eines der fortschrittlichsten in Afrika.
Tansania ist politisch stabil, demokratisch, hat viele
Staatsunternehmen privatisiert und Barrieren für ausländische
Investoren sowie Steuern und Gebühren gesenkt. Es geht systematisch
gegen die auf dem Kontinent weit verbreitete Korruption an. Für den
Export sind vor allem landwirtschaftliche Produkte von Bedeutung, so
z. B. Cashew-Nüsse, Kaffee, Mineralien, Tabak, Baumwolle und
Viktoriabarsch. Aber auch Bergbau und der zunehmende Nationalpark- und
Kilimandscharo-Tourismus sind wichtige Wirtschaftszweige. Mit 11
Nationalparks, darunter der weltberühmten Serengeti sowie dem
Kilimandscharo als dem höchsten Berg Afrikas ist Tansania hinsichtlich
seiner Naturschätze sicherlich eines reichsten Länder der Erde. Der
Kilimandscharo ist nicht nur das höchste Bergmassiv Afrikas, sondern
der höchste freistehende Berg der Welt überhaupt. Seit 1987 ist er
Weltnaturerbe. Kilimandscharo
ist ein Suaheli-Wort und bedeutet übersetzt "Berg des bösen
Geistes". In anderen Übersetzungen heißt er aufgrund seiner
leuchtend weißen Gletscher-Bedeckung Zauberberg oder Silberberg. Er
ist ein Vulkan, der zuletzt um 1700 ausgebrochen ist. Seit 1912 ist die
Eisdecke am Kilimandscharo um über 80 % geschrumpft und nach aktuellen
Prognosen wird es in 10 Jahren kein Eis mehr auf dem Gipfel geben, wenn
die Erderwärmung unverändert fortschreitet. Die Folgen für die
Region wären unabsehbar, da Millionen von Menschen im
Wassereinzugsgebiet des Kilimandscharo leben und das Wasser als
Lebensgrundlage für Mensch, Natur, Tier und Landwirtschaft
unersetzlich ist. Da
der 137 Quadratkilometer große Arusha-Nationalpark nur wenige
Kilometer nördlich von Arusha liegt, haben wir ihn in unserem
Vortrag mit vorgestellt. Der Eingang zu diesem Park liegt auf 1.500 m Höhe,
sein höchster Punkt ist der 4.562 Meter hohe Gipfel des Mount Meru. Die
Landschaft besteht aus urigen Wäldern, parkartiger Gras-Savanne,
Sumpfland, Seen, Vulkankratern, alpinem Hochland und Felsen. Hier haben
wir wilde Büffel, Giraffen und Zebras, Flusspferde sowie mehrere
Gazellen- und Affenarten gesehen. In Begleitung eines bewaffneten Wildhüters
konnten wir hier auch eine Wanderung machen und dabei nicht nur einen
Wasserfall bewundern, sondern auch die Landschaft durchwandern, von der
Johannes Rebmann in einem seiner Briefe geschrieben hat: "Wie prächtig
ist doch die ganze Landschaft in ihrer reichen Mannigfaltigkeit von
Bergen, Hügeln und Tälern mit dem üppigsten Pflanzenwuchs! Ich
glaubte in der Gegend um Cannstatt in meinem Vaterlande zu wandern, so
schön war das Land, so lieblich das Klima. Freut Euch, auch in
Ostafrika gibt es Württemberge". Arusha
und Moshi sind die beiden größten Städte in der
Kilimandscharo-Region, zwischen ihnen liegt auch der
Kilimandscharo-Flughafen. Arusha ist mit 340.000 Einwohnern die drittgrößte
Stadt Tansanias. Moshi ist die Hauptstadt der Verwaltungsregion
Kilimandscharo, hat rund 150.000 Einwohner und ist eine Universitätsstadt
mit gut ausgestattetem Krankenhaus. Die meisten Touristen, die den
Kilimandscharo besteigen oder die Nationalparke besuchen wollen,
starten von einer dieser beiden Städte aus. Das Dorf Kalali ist auf
Landkarten in der Regel nicht zu finden. Es ist einer von 5 Teilorten
des Dorfes Wari, das einige Kilometer südwestlich vom durch sein
Krankenhaus bekannten Ort Machame liegt. Der Ort Kalali steht aufgrund des Johannes-Rebmann-Denkmals und der Johannes-Rebmann-Bibliothek heute in besonderer Weise für den Kontakt zwischen dem Missionsgebiet Johannes Rebmanns und seiner Heimatstadt Gerlingen. Hier befindet sich als Folge des Wirkens des Gerlinger Missionars bis heute eine sehr aktive lutherische Gemeinde. Viele Entwicklungen im Dorf wären ohne die Kirche nicht möglich. Beim letzten Vortrag im Juni 2007 haben wir für das Milch-Projekt der Frauen in Kalali geworben und über 1.200 Euro an Spenden gesammelt. Emmanuel Shali brachte uns nicht nur den Dank der Frauen, sondern auch ein Foto der neu gekauften Aluminium-Milchkannen nach Gerlingen. Wir
sind sehr froh darüber, mit den Spenden aus Gerlingen einen konkreten
Beitrag zur besseren Versorgung der Kinder und Jugendlichen mit Milch
und Käse sowie zur Vermarktung der Milchprodukte ermöglicht zu haben. Der
Erlös dieses zweiten Vortrags soll dem Jugend-Ausbildungszentrum in
Kalali zugute kommen. In diesem soll Jugendlichen aus Kalali eine
Ausbildung und damit eine berufliche Zukunft im Dorf ermöglicht
werden. Die erste der geplanten Lehr-Werkstätten soll eine Schreinerei
sein. Weiterer Bedarf wird für junge Zimmermänner, Elektriker und
Klempner gesehen. Für junge Frauen vor allem im Bereich der
Lebensmittelverarbeitung wie z. B. der Produktion und Vermarktung von
Marmelade, Mangosaft und Bananenchips. Die Werkstätten werden von
ehrenamtlichen Senioren und den Auszubildenden in Eigenleistung
erstellt. Das Grundstück wird von der Kirche gestellt, Materialien
sind vorhanden, Planung und Statik werden von Peniel Shali ehrenamtlich
geleistet. Auf diese Weise sind pro Werkstatt noch Materialkosten von
2.500 Euro notwendig. Schon heute gibt es im Dorf 75 an einer Ausbildung interessierte junge Männer. Für die Ausbildung der jungen Frauen werden 70 Schülerinnen pro Jahr erwartet. Mit Hilfe des Erntedank-Opfers der Petruskirchengemeinde sowie den Spenden nach unserem Vortrag über Kalali am 5. November haben wir bereits weit mehr als das Geld für die Schreinerei-Werkstatt gesammelt. Auf unseren Wunsch hin wird derzeit in Tansania ein eigenes Konto für die Jugend-Ausbildungswerkstätten in Kalali eingerichtet. Peniel und Emmanuel Shali werden uns regelmäßig über die Fortschritte beim Aufbau der Werkstätten berichten und bürgen für die korrekte Verwendung der Spenden." Um ein konkretes Bild der Situation zu bekommen und den Kontakt zwischen Gerlingen und Kalali und den jeweiligen Kirchengemeinden weiter zu vertiefen, plant Pfarrer Braun für 2009 eine Gruppen-Reise für interessierte Bürgerinnen und Bürger aus Gerlingen nach Kalali. Sollten Sie an einer Teilnahme Interesse haben, melden Sie sich bitte bei Pfarrer Braun. Unabhängig davon sind weitere Spenden für die Jugend-Ausbildungswerkstätten nach wie vor willkommen. Diese können Sie gerne unter dem Stichwort "Tansania-Hilfe Kalali" an die Johannes-Rebmann-Stiftung überweisen.© Gerlinger Anzeiger |
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