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"Strohgäu Extra" vom
23.07.2007
Eine
ganz besondere Mission
25
Chinesen besuchen Gerlingen und bringen bedeutende Fotos mit
Gerlingen.
Eine Delegation aus Hongkong hat ihre zehntägige Deutschlandreise am
Samstag in Gerlingen begonnen. Dort spürten die Chinesen dem Missionar
Wilhelm Maisch nach. Der Besuch war durch einen Zufall zu Stande
gekommen - und ganz schön aufregend.
von VERENA
MAYER
Als
der Bus mit den Chinesen um Viertel vor zwei um die Kurve fährt,
steckt der Gerlinger Beigeordnete Wolfgang Steng sein weißes
Taschentuch, mit dem er den Gästen hinterhergewunken hat, wieder ein
und die Pfarrerin Sabine Goller-Braun atmet durch. Die zurückliegenden
Stunden waren doch etwas turbulent und an den vorgesehenen Plan haben
sie sich nicht gehalten. Eigentlich hätte die Delegation um eins schon
auf dem Weg ins Mercedes-Museum nach Stuttgart sein sollen. Aber die Gäste
schauten nicht so streng auf die Uhr, sie wollten lieber von Wilhelm
Maisch hören - dem Missionar aus Gerlingen, der vor 103 Jahren das
Christentum nach Südchina gebracht hat und dessen Grab Thomas Tsang,
der Generalsekretär der Tsung-Tsin-Mission Hongkong erst im
vergangenen Jahr entdeckt hatte.
Wilhelm Maisch war anno 1904 von Gerlingen nach Hongkong aufgebrochen
und hat dort bis zu seinem Tod für die Basler Mission gearbeitet. Die
Chinesen, mit denen er arbeitete, schätzten an ihm, dass er sie nicht
als Menschen zweiter Klasse behandelte, und sie eigenverantwortlich in
die Missionsarbeit einbezog. "Wilhelm Maisch hat überall großes
Vertrauen genossen", berichtet der Ortshistoriker Imanuel
Stutzmann beim Gottesdienst in der Petruskirche. "Viele, die der
Mission kritisch gegenüberstehen, sehen in ihr nur eine Form von
Herrschaft über eine "andere Kultur", sagt Sabine
Goller-Braun, die Pfarrerin, die der Mission selbst etwas kritisch
gegenüberstand. Bis sie Thomas Tsang kennen lernte und dank seiner
"Innenperspektive" die "revolutionäre Kraft des
christlichen Glaubens" neu erlebte.
Es war vor einem Jahr, als der Generalsekretär eines schönen
Sommerabends an der Pfarrhaustür klingelte und wissen wollte, wo denn
das Grab von Wilhelm Maisch liege. Stundenlang hatte er in großer
Hitze auf dem Gerlinger Friedhof vergeblich danach gesucht. Auf Anhieb
wusste die Pfarrerin auch keine Antwort, doch sie kannte Erika Maisch,
eine Nichte des Missionars, die in Gerlingen lebt. Und die wusste: ihr
Onkel wurde in Südchina begraben, wo er anno 1924 mit 46 Jahren
gestorben war. Also suchte Thomas Tsang dort wieder - mit Erfolg. Und
vor sechs Wochen meldete er sich wieder bei Sabine Goller-Braun,
berichtete vom Grab und kündigte einen weiteren Besuch an - und den
seiner 24 Mitreisenden.
Zum 160-Jahr-Jubiläum der Tsung-Tsin-Mission (TTM) spüren die
Chinesen den Spuren jener Missionare nach, die aus Süddeutschland gen
Hongkong gereist waren. Mit Ulrich Bubeck, dem Geschäftsführer des
deutschen Zweigs der Basler Mission, reisen sie nun insgesamt zehn Tage
von Gerlingen, über Kornwestheim, Esslingen und Ulm in den Schwarzwald
und die Schweiz. "Die Chinesen haben eine beeindruckende
Kondition", sagt Bubeck über die Gäste, die erst an diesem
Samstagmorgen in Deutschland gelandet sind. Im Gepäck hatten sie unter
anderem Fotos von Wilhelm Maischs Grab in Kutschuk, das während der
Kulturrevolution von 1966 bis 1976 zerstört worden war. In den
Jahrzehnten danach wuchsen Pflanzen darüber und es geriet in
Vergessenheit. Bis Thomas Tsang es fand.
Er hat das Grab freigelegt und den zerschlagenen Stein repariert. Die
Fotos, die er von der letzten Ruhestätte des Gerlinger Missionars
gemacht hat, werden künftig wohl im Rebmannhaus zu sehen sein.
"In unser aller Herzen ist die Arbeit der Missionare ein wichtiges
Element", sagt der Beigeordnete Wolfgang Steng in der
Missionarsstube in eben jenem Rebmannhaus. In der Petruskirche hat
Sabine Goller-Braun zuvor auf das "Vaterunser" und das
Orgelnachspiel verzichtet. Vor der Türe warteten schon die Gäste für
eine anschließende Hochzeit. Die Übersetzung der Ansprache, der
Schriftlesung, des Berichts von Imanuel Stutzmann und ein überraschend
langer Film über die Arbeit der TTM hatten den Zeitplan etwas
durcheinander gewirbelt.
Den Gästen macht das nichts. Sie knipsen Fotos, freuen sich, dass an
einem Samstag an die 100 Besucher in der Kirche sind und schreiben ins
Gästebuch "Thank you for the warm hospitality this morning."
Um Viertel vor zwei fährt der Bus dann doch noch ab. Wolfgang Steng
winkt mit dem Taschentuch, Sabine Goller-Braun atmet durch. Alles ist
gut gegangen.
Und dann stellt sie fest, dass Thomas Tsang die Fotos vom Grab im Eifer
des Gefechts wieder eingepackt hat. |
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"Strohgäu
Extra"
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